Betreff: Planung eines Industriegebietes von 8 Windenergieanlagen in einem Natura 2000 zugehörigem Flora-Fauna-Habitat
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Ortsgemeinde Hambach ist ein Dorf von 500 Einwohnern in der Verbandsgemeinde Diez im östlichen Teil des Landes Rheinland-Pfalz in der Bundesrepublik Deutschland. Im letzten Jahr wurden unmittelbar auf der Landesgrenze zum Bundesland Hessen durch eine hessische Gemeinde sechs Windenergieanlagen von über 200 m Höhe errichtet, zwei davon in Abständen zwischen 800 und 1000 Meter vom Siedlungsgebiet der Gemeinde entfernt. Dieses Vorhaben hat in unserer Gemeinde für erhebliche Aufregung gesorgt.
Nunmehr versucht Hambach zusammen mit weiteren Gemeinden der Verbandsgemeinde Diez sowie Bürgerinitiativen und Vereinen eine weitere Planung von Windenergierädern im Naturpark Nassau unter anderem aus Gründen des Naturschutzes zu verhindern.
Ein Projekt, das aus unserer Sicht gegen EU-Bestimmungen verstößt, soll im Flora-Fauna-Habitat „Lahnhöhen“ entstehen, das zum EU- Netzwerk Natura 2000 gehört.
Konkret soll hier der sogenannte „Windpark Altendiez“ mit insgesamt 8 Windenergieanlagen entstehen. Sechs dieser WEA sind auf dem Natura 2000 Gebiet geplant.
Das Flora-Fauna-Habitat „Lahnhöhen“ gehört zur kulturhistorischen Landschaft der Lahn, eines Nebenflusses des Rheins. Entlang der Lahn haben sich historisch bedeutsame Städte wie Marburg, Wetzlar, Weilburg, Runkel, Limburg, Diez, Nassau und Bad Ems entwickelt. Daneben gibt es eine Fülle von kulturhistorischen Bauwerken. Allein in unmittelbarer Umgebung zu dem geplanten Windindustriegelände sind dies: Schloss Diez, Schloss Oranienstein, Burg Balduinstein und die Schaumburg. Diese Denkmäler, alle an der Lahn gelegen, befinden sich innerhalb eines Radius von 5 Kilometern von den geplanten Windrädern entfernt.
Das Flora-Fauna-Habitat „Lahnhöhen“ zeichnet sich darüber hinaus durch zusammenhängende Laubwaldbestände (überwiegend Buchen) aus. Selten gewordene Tierarten wie Wildkatze, Rotmilan, Schwarzstorch, Waldschnepfe, Uhu, Kolkraben sowie mehrere Arten von Fledermäusen und Amphibien sind in diesem Gebiet heimisch und nachgewiesen.
Zur Verdeutlichung weisen wir auf die Gutachten der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald sowie der Naturschutzinitiative hin, die wir ebenfalls als Anlage beigefügt haben.
Erfahrungen belegen, dass bei der Errichtung von Windenergieanlagen große Flächen gerodet, tausende von LKW-Ladungen zu und von den Baustellen transportiert werden müssen und breite Zuwegungen entstehen. Bei dem Bau jeder einzelner Windenergieanlage gelangen 2.000 Liter boden- und gewässerverunreinigender Flüssigkeiten in das Erdreich. Bei 8 Windenergieanlagen gelangen somit 16.000 l in das Erdreich und werden über 8 ha Waldfläche mit Baumbeständen mit einem Alter von teilweise über 120 Jahre gerodet, so dass zu besorgen ist, dass das Flora-Fauna-Habitat „Lahnhöhen“ in dem EU- Netzwerk Natura 2000 nicht mehr als solches weiterexistieren kann und wird.
Die Verbandsgemeinde Diez hat versucht in ihrem Flächennutzungsplan sogenannte „Vorrangflächen“ für Windenergieanlagen auf ihrem Gebiet auszuweisen. Nach Gesprächen mit der Unteren Naturschutzbehörde (Kreisverwaltung Bad Ems) und der Oberen Naturschutzbehörde (Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord in Koblenz) wurde das Vorhaben aber aufgegeben, da Vertreter beider Behörden auf die Restriktionen der Naturschutzparkverordnung hinwiesen, die eine Baugenehmigung nicht zulassen würden.
Wie wir aber zwischenzeitlich feststellen mussten, wird von Seiten der Politik, speziell aus dem Landesumweltministerium Mainz, versucht auf die Genehmigungsbehörden, speziell die Obere Naturschutzbehörde SGD Nord, dahingehend Einfluss zu nehmen dass es zu den Genehmigungen, welche das Flora-Fauna-Habitat „Lahnhöhen“ und das Natura 2000-Gebiet bedrohen, von Seiten der entscheidenden Behörden kommt.
Wir legen Ihnen in der Anlage einen Erlass aus dem Umweltministerium vor, der dies eindeutig belegt.
Wir haben hier als treibende Kraft den Staatsekretär im Umweltministerium des Landes Rheinland-Pfalz, Herrn Dr. Thomas Griese, identifiziert. Herr Dr. Griese gehört der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ an. Herr Dr. Griese war im letzten Jahr Gegenstand einer landesweiten Berichterstattung, da der Landesrechnungshof in seinem vorläufigen Bericht aufgezeigt (und damit gerügt) hat, dass Dr. Griese Windenergieanlagenbetreibern die im Genehmigungsverfahren auferlegten naturerhaltende bzw. –schaffende Ausgleichsmaßnahmen in 90 % der Fälle erlassen hat. Dem Land Rheinland-Pfalz sei, so der Landesrechnungshof, dadurch ein Schaden von ca. 14 Millionen Euro entstanden.
Wir gehen davon aus, dass im vorliegenden Falle alle Verpflichtungen zum Schutz des Flora-Fauna-Habitat „Lahnhöhen“ und dieses Natura 2000 Gebietes außer Acht gelassen werden und sowohl Lebensräume selten gewordener Tierarten als auch Lebensraumtypen wie besonders schützenswerte Vegetationsformen vernichtet werden, um einer völlig ineffizienten Energiegewinnung (der geplante Windpark liegt in einem Schwachwindgebiet der Windzone 4) den Vorrang zu geben, die sich im Übrigen nur wegen steuerlichen Subventionen in mittlerweile astronomischer Höhe halbwegs rechnet (hier stellt sich ebenfalls die Frage, ob dieser Deutsche Weg mit Europäischen Recht vereinbar ist).
Auffällig ist übrigens, dass der Holzeinschlag Anfang 2016 und 2017 erst im Februar/März (2016) bzw. März/April (2017) erfolgt. Die Vogelschützer befürchten, dass der Grundbesitzer (Landesforsten, ein Betrieb des Landes Rheinland-Pfalz, das dem Umweltministerium untersteht) ganz bewusst erst zu einem sehr späten Zeitpunkt Holz einschlägt, um durch die Arbeiten und den Lärm die Horstsuche der Greifvögel, hier insbesondere des Rotmilans, zu stören.
Wir bitten Sie, hier in geeigneter Weise einzugreifen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, da sonst entgegen der FFH-Richtlinie auf Kosten des Profites und einer ideologisierten Energiepolitik bedrohte Tierarten und wertvolle Lebensräume weiter dezimiert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Sehr
Ortsbürgermeister
Anlagen:
Stellungnahme Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (pdf-Datei, ca. 1,1 MB)
Stellungnahme Naturschutzinitiative e.V. (pdf-Datei, ca. 200 KB)